Trauer um Ex-Skisprung Bundestrainer Wolfgang Steiert – Jubel um Dreifachsieger Pius Paschke
Hochschwarzwald. (joh) In Titisee-Neustadt strahlte zum Auftakt der Weltcup-Skispringen die Sonne über den Hochfirst. Die Hochfirstschanze bestens präpariert, also alles angerichtet für das große Weltcup-Spektakel an diesem dritten Adventswochenende. Doch zum Lachen zumute war es weder den Skispringern, Trainern, Funktionären und den Fans. Denn bereits am frühen Freitagvormittag hatte sich die Nachricht vom Tod des ehemaligen Skispringers und späteren Bundestrainers, Wolfgang Steiert (Titisee-Neustadt) in der Wälderstadt wie ein Lauffeuer verbreitet. Der 61-jährige war am späten Donnerstagabend im Alter von nur 61 Jahren nach langer schwerer Krankheit verstorben. „Unsere Gedanken und unser Mitgefühl gelten in diesen schweren Stunden seiner Familie“, zeigte sich der Deutsche Skiverband (DSV) nach Bekanntwerden der traurigen Nachricht tief betroffen.
Wolfgang Steiert war als aktiver Skispringer von 1981 bis 1988/89 fester Bestandteil des deutschen A-Kaders und für den SC Hinterzarten über sechs Jahre hinweg im Weltcup am Start. Nach dem Ende seiner Karriere und abgeschlossener Trainerausbildung an der Deutschen Sporthochschule in Köln wurde er 1991 Skisprungtrainer des deutschen B-Kaders. An der Seite von Reinhard Heß war der begeisterte Hobbyfußballer ab 1993 als Co-Trainer tätig. Als Heimtrainer am Olympiastützpunkt Freiburg-Schwarzwald in Hinterzarten hatte er einen großen Anteil an den späteren Erfolgen Martin Schmitt als vierfacher Weltmeister.
Ein Highlight und unvergessen der Triumph von Sven Hannawald, der am 6. Januar 2002 als erster Skispringer überhaupt alle vier Springen der Vierschanzentournee gewinnen konnte. „Ich wusste natürlich von der schweren Erkrankung von Wolfi. Er ist jetzt friedlich eingeschlafen, es erleichtert mir ein bisschen meine große Traurigkeit darüber, dass er nicht mehr da ist, weil ich weiß, dass es ihm jetzt besser geht. Natürlich kommen jetzt die ganzen Bilder wieder hoch, speziell die Anfänge, als ich frisch aus dem Osten in den Schwarzwald kam, dann irgendwo bin ich bei ihm untergekommen. Wolfi ist und bleibt ein großer Teil meiner langen, langen Erfolgsgeschichte, er war nicht nur mein Trainer, sondern wurde auch ein guter Freund. Es war nicht immer leicht das Private vom Sport zu trennen, den notwendigen Respekt gegenüber dem Trainer zu wahren“, sagte der Vierschanzentourneesieger mit trauriger Stimme.
Und sein Ex-Schützling Martin Schmitt bezeichnete seinen Gemütszustand am Freitag „als extrem traurig, er war mein Heimtrainer und über die Jahre hinweg hat uns viel verbunden“. „Ich habe ihn ein erstes Mal 1995 kennen gelernt, er war manchmal hart, bildete mit Reinhard Heß ein super Team und hatten einen großen Anteil an der Ära Schmitt und Hannawald, er hatte ein großes Herz. In Neustadt ist es heute besonders hart, die ganze Trainergruppe war in der Mannschaftsführersitzung richtig schockiert“, gab FIS-Race-Direktor Sandro Pertile vor Ort einen Einblick seine Gefühlswelt.
Und so rückte zunächst das Skispringen an diesem Weltcup-Wochenende im Hochschwarzwald in den Hintergrund. Doch schon beim Super-Teamwettkampf kam dann bei den Skisprungfans richtig Freude auf. Denn Olympiasieger Andreas Wellinger (SC Ruhpolding) und Weltcup-Leader Pius Paschke (WSV Kiefersfelden) ließen sich von den Geschehnissen nicht beeindrucken und sicherten sich mit der Gesamtnote 873,3 den Tagessieg vor Österreich (Daniel Tschofenig/Jan Hoerl/850,0). Rang drei ging an das norwegische Duo mit Halvor Egner Granerud und Kristoffer Eriksen Sundal (829,2). Andreas Wellinger dominierte in seiner Gruppe das Geschehen und konnte alle drei Durchgänge für sich entscheiden, während Pius Paschke seine beindruckende Form mit Sprüngen auf 143,5 und 142,5 unter Beweis stellte, dabei nur um 3,5 und 4,5 Meter unter dem Schanzenrekord (148,0 Meter) blieb.
Und die große Flugshow unterm Hochfirst ging am Samstag nach einer Gedenkminute für den Ende November verstorbenen DSV-Vizepräsidenten Erwin Lauterwasser und Wolfgang Steiert weiter. Insgesamt 12.000 Zuschauer feierten Pius Paschke nach seinem Doppelsieg am Samstag und Sonntag wie einen Pop-Star. Selbst langjährige Wegbegleiter des Skisprung-Weltcups kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Team-Weltmeister von Oberstdorf 2021 bereitete den Skisprungfans ein vorgezogenenes Weihnachtsgeschenk. Frei nach dem Motto, „Pius Paschke, wer sonst?“ flog der 34-jährige Bayer auch bei den beiden Einzel-Weltcups auf´s oberste Podest – ein fast unglaubliche Geschichte. Bundestrainer Stefan Horngacher, ansonsten eher ein ruhiger Zweitgenosse und stiller Genießer inszenierte vor der Siegerehrung beim Publikum mit seinen Co-Trainern die La-ola-Welle. Die Stimmung auf dem Siedepunkt – es waren Gänsehautmomente für die Ewigkeit. „Es ist sicherlich irgendwie der Lohn der jahrelangen Arbeit, ich hatte einige Jahre, da lag ich nur im Mittelfeld. Die ganze Staff hängt sich das ganze Jahr richtig rein, dass alles funktioniert. Es gab Phasen, da ging es nicht so auf, umso schöner ist es wenn es aufgeht, das ist auch der Lohn für die Trainer und Betreuer“, bilanzierte Paschke sein „Wahnsinns-Wochenende“ an der Hochfirstschanze. Der in Hinterzarten lebende Lokalmatador Stephan Leyhe (SC Willingen) kam am Samstag nicht über Rang 25 hinaus und verpasste am Tag darauf den Finaldurchgang.
Bild zur Meldung: Der Wintersport im Schwarzwald trauert um zwei großer Macher. Skisprung-Bundestrainer Wolfgang Steiert verstarb einen Tag vor dem Weltcup in Titisee-Neustdat - der ehemalige DSV-Vizepräsident Erwin Lauterwasser war bereits am 10. November verstorben. - Foto: Joachim Hahne / johapress