Keine Zuschauer, aber beste Bedingungen für Skisprung-Weltcup in Titisee-Neustadt

07.01.2021

Titisee-Neustadt. Rückblende: Im Mai 2020 hatte der Internationale Skiverband (FIS) bei seiner Kalenderkonferenz die Weltcup-Termine für den WM-Winter 2020/21 festgelegt. Titisee-Neustadt erhielt den Zuschlag für das Wochenende vom 8. bis 10. Januar. Und Joachim Häfker hatte einen Traum: „Dies ist der beste Termin, den wir je hatten, sportlich ist das nicht zu toppen“, freute sich der langjährige Generalsekretär der Weltcup-Skispringen. Die frisch gekürten Medaillengewinner der Vierschanzentournee drei Tage nach dem Finale von Bischofshofen zu Gast im Schmiedsbachtal.  Eine volle Hütte, 15.000 Zuschauer am größten Naturbacken Deutschlands, ein großes Skisprung-Festival im Hexenkessel an der Hochfirstschanze schien garantiert.

 

Eigentlich! Doch die Corona-Pandemie machte den  Hochschwarzwälder Organisatoren, seit dem Umbau und dem Jahr 2001 Ausrichter von Weltcup-Skispringen, einen dicken Strich durch die Rechnung. Keine Zuschauer im Stadion, in Zeiten von Corona ist eben vieles anders. „Das ist schlimm für uns“, sagt Häfker. Und im gleichen Atemzug weiß der Vordenker des OK´s aus der Wälderstadt, „dass man auch ein wenig stolz darauf sein darf“, die weltbesten Weitenjäger trotzdem im Schwarzwald begrüßen zu können. 

 

Etwas Altschnee aus dem übersommerten Schwarzwald-Gletscher, dazu Maschinenschnee aus den Schneilanzen und zuletzt reichlich Flockenwirbel vom Hochschwarzwälder Wolkenhimmel.  Wohl selten in den letzten Jahren  hatte der FIS-Beauftragte Joachim Bruder (Offenburg) eine so leichte Entscheidung zu treffen, „grünes Licht“ zu geben, für die Durchführung des Weltcup-Skispringens.

Seit Ende November  hatte Schanzenchef Matze Schlegel mit seinem kleinen Schanzenteam  die Hochfirstschanze mit Schnee belegt und in den Tagen um die Jahreswende präpariert, so ist die größte Naturschanze  Deutschlands praktisch seit Dreikönig sprungbereit. Dabei leistete auch die Spurfräse „Mathilde“ bei der Anlage der Anlaufspur ganze Arbeit.

 

250 Helfer anstatt wie üblich deren rund 900 sind am Wochenende im Einsatz.  Keine Zuschauer, kein Rahmenprogramm. Dann wird den Ehrenamtlichen gegenüber Verantwortung Rechnung getragen, „versuchen wir nur so viele Leute einzusetzen, wie notwendig“, erklärt Diana Waldvogel, langjährige Assistentin des OK Neustadt. Apropos Zuschauer. Die ausbleibenden Einnahmen durch die fehlenden Fans in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro mussten kompensiert werden - Sponsoren sowie Zuschüsse des Landes, des Deutschen Skiverbandes und des Badischen Sportbundes sicherten schließlich die Durchführung des Events auch in finanzieller Hinsicht ab.

 

Schon seit Wochen ist Reiner Büche gefordert. Als Corona Beauftragter ist der Neustädter für die Umsetzung der Hygienekonzepte der FIS verantwortlich. Die Sicherheit aller Beteiligten steht an erster Stelle. „Alle Helfer wurden im Vorfeld alle zwei Tage getestet, um einen größtmöglichen Schutz für die Gesundheit gewährleisten zu können“, ergänzt Waldvogel. Allein bis Mittwoch dieser Woche wurden über 350 Corona-PCR-Tests durchgeführt.

 

53 Athleten aus 15 Nationen sind für den ersten Weltcup nach dem Grand Slam der Weitenjäger gemeldet. Hinzu kommen 15 Vorspringer aus Slowenien und Deutschland, um die Schanze vor dem Training, Qualifikation und Wettkampf  einspringen zu können, die Anlauflänge zu definieren. Das breite Feld von einem halben Dutzend Sieganwärtern auf den Tagessieg wird angeführt vom nun dreifachen Tournee-Gesamtsieger Kamil Stoch. Der 33-jährige Pole ist derzeit wieder in bestechender Verfassung, feierte beim Tourneefinale, geschultert von seinen Springerkollegen seinen 38. Einzelsieg im Weltcup. „Kamil ist in der Form unschlagbar gewesen“, lobte ihn dessen Ex-Coach Stefan Horngacher. Ein Wörtchen mitreden bei der Vergabe des Preisgeldes will aber auch dessen Landsmann Dawid Kubacki, Doppelsieger des Weltcups 2020 auf der Hochfirstschanze.

 

Und was ist von den DSV-Adlern zu erwarten? Karl Geiger, Auftaktsieger von Oberstdorf meldete sich nach einem Durchhänger in Innsbruck zum Abschluss der „Corona-Tournee“ beim Finale am Bischofshofener Leideregg mit Platz drei der Tageswertung eindrucksvoll in der Weltelite zurück. Rang zwei für den Oberstdorfer in der Tournee-Gesamtwertung, „der Abschluss ist gelungen, dass ich es nochmals so hingebracht habe,  macht mich glücklich“. „Karl ist unglaublich mental stark, wir können uns über einen zweiten Platz freuen“, würdigte Bundestrainer Stefan Horngacher die Leistung des Skiflugweltmeisters aus dem Allgäu. Und vielleicht kehrt ja auch der bereits im  K.o.-Durchgang gescheiterte Doppelweltmeister von Seefeld 2019, Markus Eisenbichler (TSV Siegsdorf) im Schmiedsbachtal wieder in die Erfolgsspur zurück. (joh)

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Der Zeitplan für Titisee-Neustadt

Freitag, 8. Januar:  Qualifikation 16.15 Uhr

Samstag, 9. Januar: Einzelwettkampf, Beginn 16 Uhr

Sonntag, 10. Januar: Einzelwettkampf, Beginn 16.30 Uhr

Die Weltcup-Skispringen von Titisee-Neustadt werden jeweils live von ZDF und Eurosport übertragen. Den Live-Ticker vom Weltcup im Hochschwarzwald gibt es auf der Seite www.fis-ski.com (joh)

 

Bild zur Meldung: Auf die lautstarke Unterstützung der polnischen Fans müssen Vierschanzentournee-Sieger Kamil Stoch und der Doppelsieger von Titisee-Neustadt im Vorjahr, Dawid Kubacki in diesem Jahr verzichten - Foto: Joachim Hahne / johapress